Prof. Dr. Frank Giordano
Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie an der Universitätsmedizin Mannheim
1. Worauf sind Sie spezialisiert?
Ich habe mich auf die Therapie von Hirntumoren spezialisiert. Das umfasst auch die intraoperative Bestrahlung und die Hochpräzisions-Bestrahlung, die ich auch bei Tumoren außerhalb des Kopfes anwende.
2. Was motiviert Sie, bei Gemeinsam gegen Glioblastom mitzuwirken?
Viele Tumorpatient:innen sind sehr gut organisiert. Sie werden durch gute Lobbyarbeit national und international gehört und können Verbesserungen erreichen – das sehe ich beispielsweise bei Prostata- oder Brustkrebs-Patient:innen. Doch Hirntumor-Patient:innen und ihre Angehörigen werden von der Diagnose oft überfahren und sind daher zumeist gar nicht in der Lage, sich zu organisieren und sich Gehör zu verschaffen. Zudem wird die Diagnose immer mehr abhängig von der Molekulargenetik, die Patient:innen die Zugehörigkeit zu einer Gruppe ohnehin schon erschwert, z. B. gibt es mittlerweile sehr viele Untergruppen von Astrozytomen, die zwar alle verwandt, aber letztlich doch unterschiedlich sind.
Zweitens möchte ich aber auch betonen, dass Zuhören, Informieren und Beraten weder im Medizinstudium noch im Vergütungsmodell der Krankenkassen abgebildet sind. Wir müssen daher Strukturen schaffen, die diese Bereiche auffangen und anbieten können.
3. Welche Frage stellen Ihnen Glioblastom-Patient:innen am häufigsten?
Ganz klar: Wie stehen meine Chancen – wie lange lebe ich noch?
4. Was bereitet Ihnen am meisten Freude an der Arbeit mit Patient:innen?
Wir können mittlerweile bei einem beachtlichen Anteil an Patient:innen mit Hirntumoren eine Langzeitkontrolle erreichen. Seien Sie sicher, dass wir in solchen Fällen gemeinsam mit unseren Patient:innen immer den Tagen der Kontrolluntersuchungen entgegenfiebern. Wenn wir dann wieder ein Etappenziel erreicht haben, sind das die besten Momente.
5. Was raten Sie Patient:innen, die gerade erst die Diagnose Glioblastom erhalten haben?
Zunächst einmal empfehle ich die Beratung in einem von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifizierten neuroonkologischen Zentrum. Außerdem sollten Patient:innen die Therapie sorgfältig abwägen: Es gibt keine Wirkung ohne Nebenwirkung. Die Frage nach dem Einsatz, dem erwarteten Gewinn und Verlust einer Therapie ist daher immer sinnvoll. Es gibt nicht „die beste“ Therapie, sondern nur „die für mich am besten passende“ Therapie. Das erfordert ausführliche Beratung.
Darüber hinaus sollten Patient:innen die Augen offenhalten nach einer Teilnahme an klinischen Studien, bei denen sie teilweise Therapien erhalten können, die erst in vielen Jahren Standard werden.
Zu guter Letzt sollten Patient:innen keine Angst vor Vernetzung haben: Nur dadurch erhält man Erfahrungsberichte und viele wichtige Hintergrundinformationen. Digital ist das heute beispielsweise über die YES!App von Yeswecan!cer, das Deutsche Innovationsbündnis Krebs & Gehirn oder auch über Gemeinsam gegen Glioblastom möglich, und live über Selbsthilfegruppen oder Patientenbewegungen wie die Deutsche Hirntumorhilfe.